Pirkhaimer 1776 Wilibald (oder Bilibald) Pirkhaimer stammte
aus einem alten edlen Patricischen Geschlecht der Republik
Nürnberg ab, und wurde im Jahre 1470 zu Eichstädt geboren,
wo sein Vater, Johann Pirkhaimer, damals als bischöflicher
Rath lebte. Dieser kam in der Folge bei Herzog Albert von
Bayern, und zuletzt bei Erzherzog Siegmund von Oesterreich
in gleichmäßige Dienste, wurde häufig in Geschäften
verschickt, und nahm überall seinen Sohn mit sich, um ihn
von der ersten Jugend an zu praktischer Kenntniß der Welt
und der Geschäfte anzuführen, und ihn den Geschmack an den
letzteren (wozu ihn Geburt und Naturgaben bestimmten)
unvermerkt zur mechanischen Fertigkeit zu machen. Wilibald
that sich in seiner Jugend vorzüglich in allen ersinnlichen
Leibesübungen so hervor, daß er darin wenige seinesgleichen
hatte. Seiner ersten jugendlichen Neigung nach würde er sich
dem Soldatenstande gewidmet haben, wozu er bei Gelegenheit
einiger Fehden des Bischofs von Eichstädt mit seinen
Nachbarn ungemeine Fähigkeiten zeigte. Aber der Gehorsam
gegen seinen Vater nöthigte ihn, sich auf die
Rechtsgelahrtheit zu legen, und sich dadurch zu den
bürgerlichen Staatsgeschäften tüchtig zu machen. Wilibald
wurde zu diesem Ende nach Padua geschickt. Weil er aber da
Gelegenheit fand, die Griechische Sprache zu lernen, und
durch sie mit Schriftstellern bekannt zu werden, welche
freilich für einen jungen Mann von Genie eine ganz andere
Gesellschaft sind als die Bartolen und Balden; so mußte er
nach einem dreijährigem Aufenthalte zu Padua, der für die
Entwicklung und Uebung seiner Geisteskräfte gewiß nicht
besser hätte angewandt werden können, nach Pisa gehen, um
unter den berühmten Rechtsgelehrten, Magnus, Lancelot und
Decius, zweckmäßiger zu studieren. Dieß that er nun zwar mit
vielem Fleiß; aber sein Geist war zu groß, um sich in den
engen Kreis einer einzigen Wissenschaft hineinbeschwören zu
lassen; und der erkannte zu wohl, daß ein wahrer Staatsmann
den ganzen Circel der Menschheit umfassen muß, und von
allem, was irgendeine Beziehung zum menschlichen Leben hat,
nie zu gut unterrichtet seyn kann. Er übte sich also
zugleich in allen übrigen Theilen der Gelehrsamkeit; und er
brachte es darin so weit, daß er eben so fertig Griechisch
als Italiänisch sprach. Im Jahre 1498, nachdem er die Würde eines
Doktors der Rechte erlangt, berief ihn sein Vater (der sich
nach Nürnberg in die Ruhe des Privatlebens zurückgezogen
hatte) wieder nach Hause. Wilibald vermählte sich, wurde in
den Rath zu Nürnberg erwählt, that sich selbst in den
Geschäften der Stadt und in wichtigen Verschickungen hervor;
und weil er schon in den kriegerischen Spielen und
Vorübungen seiner ersten Jugend besondere Fähigkeiten zum
Militärstand gezeigt hatte, wurde er zum Obersten über die
ansehnlichen Hülfsvölker gesetzt, welche die Stadt Nürnberg
dem Kaiser Maximilian I. zu seinem Zuge gegen die Helvetier
(im Jahre 1499 und 1500) zu Hülfe schickte. In diesem, von
Pirkhaimern selbst mit Xenophontischer Simplicität
beschriebenen, Kriegszuge gewann er durch seinen lebhaften
Geist, seinen Muth, seine Kenntnisse, und seine besondere
Gutherzigkeit und Jovialität (Hauptzüge seines Charakters),
die Liebe und das Vertrauen dieses herrlichen Kaisers, der
nothwendig einen ihm selbst so ähnlichen jungen Mann
liebgewinnen mußte. Wilibald kam aus dieser (verunglückten)
Expedition mit großen Empfehlungen vom Kaiser an die
Republik Nürnberg zurück, trat wieder in sein voriges
Civilleben ein, erwarb sich in verschiedenen Gesandtschaften
an den Kaiser (der ihn zu seinem Rath erhob) Verdienste, und
wurde dafür belohnt – wie die Ciceronen, Aristiden und
Epaminondas und ihresgleichen immer belohnt worden sind. Pirkhaimer, der jovialisch genug war, sogar
auf das Podagra (das ihn bei zunehmenden Jahren plagte) eine
scherzhafte Lobschrift zu machen, ließ sich zwar durch alle
die Pfetzereien und Tribulationen seiner Neider, und der
wackern Leute, denen er zu viel Verstand, zu viel Geschmack
an Sachen, wovon sie nichts begriffen, zu viel Ruhm, zu viel
Credit bei großen Fürsten, kurz zu viel Vorzüge hatte, nicht
irre machen; doch trug es nicht wenig zu seinem Entschluß
bei, nach seines Vaters Tode, da ihm auch die Verwaltung
eines sehr ansehnlichen Vermögens und weitläufigen
Hauswesens zufiel, seine Aemter niederzulegen, um sich
selbst, seinen Freunden und den Musen, die er über alles
liebte, zu leben. Doch ließ er sich einige Jahre darauf
bereden, in seine vorige Laufbahn wieder einzutreten; wo er
dann ferner unter Maximilian I und Karl V zu vielen
Gesandtschaften, besonders auf Reichs- und Kreistaege,
gebraucht wurde, sich durch seine Talente, Geschäftsklugheit
und Beredsamkeit im ganzen Reich ein gro0ßes Ansehn erwarb,
und vier Jahre lang der Republik wichtige Dienste leistete,
die auch, allen Cabalen und Chicanen seiner Abderitischen
Gegenpartei zu trotz, von der Republik bei vielen
Gelegenheiten anerkannt und belohnt wurden; bis ihn endlich
einige Jahre vor seinem Tode die zunehmenden Beschwerden
seines Körpers (von dem er, ungeachtet seiner großen
Mäßigkeit und Nüchternheit, viel leiden mußte) nöthigten,
abermals um seine Entlassung zu bitten, und den Rest seines
Lebens in der edlen Muße eines verdienstvollen Alters
auszuleben; wiewohl auch da sein Haus immer das Ansehn einer
Curia erhielt und seine weit ausgebreitete Wirksamkeit zum
gemeinen Besten des Staates, der Kirche und der gelehrten
Republik nur mit seinem Leben aufhörte. Pirkhaimer hinterließ eine ansehnliche
Bibliothek, viel schöne Manuscripte, alte Münzen und andere
Ueberbleibsel der alten Kunst, wovon er viel Kenntnisse
hatte. Dieser Schatz kam durch eine seiner Töchter in die
Imhofische Familie. Er liebte auch die Musik, und vorzüglich die
Malerei; und der große Albrecht Dürer fand in ihm seinen
vertrautesten Freund und eifrigsten Beförderer seiner
Unternehmungen. Doch eben dieß war er für alle
vortrefflichen Geister seiner Zeit. Er liebte, förderte,
schützte und vertheidigte sie nach allen Kräften so lang er
athmete. Dieser edle wahrhaft große Staatsmann,
Freund alles Schönen und Guten, und herzliche Feind aller
Barbarei, Gleißnerei und Schurkerei, unter waserlei Masken
sie sich auch verbergen mögen – starb im Jahre 1530 den
22.Dec., und das Schicksal war so gerecht und ließ ihn den
letzten seines Geschlechts seyn. Seine von Melchior Goldast gesammelten
Schriften, besonders seine Briefe, und die Briefe der
größten, gelehrtesten und besten Männer seiner Zeit, die den
dritten Theil derselben ausmachen, nebst seiner von Konrad
Rittershufen verfaßten Lebensbeschreibung, bieten den Stoff
zu einem Denkmal für ihn dar, das der Bearbeitung eines
Meisters würdig wäre.