Nachrichten für den Bücher- und Graphikfreund | |
|
100. Todestag des
Bibliographen Moritz Steinschneider. Der Aufbau und die Katalogisierung der
einzigartigen Hebraica-Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer
Kulturbesitz ist eng mit dem Namen des großen Orientalisten Moritz
Steinschneider (1816-1907) verbunden. Der aus Proßnitz in Mähren stammende
Steinschneider war zuerst Leser der damaligen Königlichen Bibliothek, später
deren Mitarbeiter und hochgeschätzter Berater. Er begründete die
wissenschaftliche hebräische Bibliographie und katalogisierte neben der Berliner
Sammlung auch die Sammlungen in Oxford, Leyden, München und Hamburg. Als
Wissenschaftler befaßte er sich vor allem mit der jüdischen Kulturgeschichte des
Mittelalters. In einem Nachruf auf Alexander von Humboldt würdigte er dessen
Unterstützung des jüdischen Reisenden Israel Joseph Benjamin (1821-1864), der es
sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, jüdische Gemeinden außerhalb Europas zu
bereisen (vgl. Marginalien, H. 86, 1982, S. 21). Vor hundert Jahren, am 23.
Januar 1907, starb Steinschneider kurz vor seinem 91. Geburtstag. Seine letzte
Ruhestätte befindet sich auf dem Friedhof der jüdischen Gemeinde in Weißensee
(Jüdische Friedhöfe in Berlin. Berlin: Henschel, 1988, S. 84). Im November
dieses Jahres wird die Berliner Staatsbibliothek ein internationales
Gedenkkolloquium zu seinen Ehren veranstalten. Dieter Schmidmaier Clara Mosch 30
Jahre. Aus diesem Anlaß hatte die Galerie Dr. Irene Lehr in der Berliner
Sybelstraße 68 am 23. Februar 2007 zu einer Ausstellung (bis 30. März 2007)
geladen. Das Interesse war groß, die Besucher standen dicht gedrängt, und außer
dem verstorbenen Carlfriedrich Claus waren alle Gründungsmitglieder und auch
einige aktive Sympathisanten anwesend. Die Künstlergruppe Clara Mosch
(Carlfriedrich Claus, Thomas Ranft, Michael Morgner, Gregor T. Schade-Kozik,
Dagmar Ranft-Schinke) war von 1977 bis 1982 in Chemnitz-Adelsberg ein lebendiges
Zentrum der inoffiziellen Kunstszene der DDR und veranstaltete unter den
Argusaugen der Staatssicherheit Ausstellungen mit eigenen Werken und denen
befreundeter Künstler (u. a. Max Uhlig, Horst Bartnig, Albert Wigand, Gerhard
Altenbourg), Pleinairs und Editionen. Unter dem Motto Clara Mosch und das
Kernexperiment Existenz. Ein Loblied in vier Schritten würdigt Dr. Martin
Schmidt im Katalog Arbeit und Wirkung der Künstlergruppe und charakterisiert
einfühlsam Eigenständigkeit und Eigenart der Mitglieder, dem programmatischen
Bemühen verbunden, „individuellen Ausdruck ohne Rechtfertigungszwänge“ zu
praktizieren, „ganz persönliche Konzepte zu erproben“. Nachdrücklich verweist
der Autor darauf, daß die Künstler sich keineswegs mit Widerstand begnügten,
sondern sich im Rahmen offiziell erklärter „Weite und Vielfalt“ in den Künsten
selbstbewußt ernst nahmen. Die Ausstellung bot bei aller Beschränkung (etwa im
Vergleich zu der umfangreichen Jubiläumsausstellung 1997: Clara Mosch 1977–1982.
Werke und Dokumente, Altenburg, Chemnitz, Berlin – mit Katalog ) einen
aufschlußreichen Eindruck von den die offiziellen Kunsterwartungen
unterlaufenden Werken der Künstler und vermittelte zugleich Einblicke in ihre
künstlerische Arbeit bis heute. Eine lebendige Geburtstagsschau – Clara Mosch,
ein bis heute nachwirkendes „wichtiges Kapitel ostdeutscher Kunstgeschichte.“
Ursula Lang Schenkung Rudolf Mayer. Der 1928 in Stuttgart geborene
Kunstwissenschaftler, Verleger und frühere Chefredakteur der Bildabteilung im
Verlag der Kunst Dresden übergab der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und
Universitätsbibliothek Dresden einen bildkünstlerischen Teilnachlaß und seinen
schriftlichen Vorlaß. Der bildkünstlerische Teil enthält unter anderem die
Andrucke zu HAP Grieshabers Totentanz von Basel von 1966, das druckgraphische
Werk des Konstruktivisten Hermann Glöckner und mehrere originalgraphische Mappen
der „eikon Grafik-Presse“, die Mayer betreute. Der handschriftliche Teil in 39
Kapseln und 59 Ordnern enthält die Korrespondenzen Mayers, unter denen die mit
den vier Künstlern HAP Grieshaber, Anatoli L. Kaplan, Carlfriedrich Claus und
Otto Niemeyer-Holstein einen großen Raum einnehmen, sowie das zwischen 1952 und
1992 entstandene Archiv des Verlags der Kunst, das Mayer aus der Konkursmasse
des Verlags erworben hat. Der Forschung bietet diese wunderbare Schenkung
wichtige Quellen zur Geschichte des wohl renommiertesten Kunstverlags der DDR
und zu bedeutenden Künstlern. Rudolf Mayer hat auch für die Marginalien
geschrieben (vgl. H. 117, 1990) und Pirckheimer-Abende gestaltet (vgl. H. 118,
1990), seine wichtigsten Werke wurden in den Marginalien rezensiert. Dieter
Schmidmaier Felixmüller-Ausstellung. Vom 5. Mai bis Mitte September zeigt das
Otto-Pankok-Museum in Bad Bentheim-Gildehaus (im Alten Rathaus, Neuer Weg 17)
eine Ausstellung graphischer Arbeiten Conrad Felixmüllers. Das Gros der
gezeigten Blätter stammt aus der Sammlung unseres Pirckheimer-Freundes
Hans-Jürgen Wilke, der in Berlin der letzte Drucker Felixmüllers war. Er hat in
unserem Jubiläumsalmanach Jubelrufe aus Bücherstapeln (2006) über seine Zeit mit
Conrad Felixmüller berichtet. Nur für brave Kinder. Spiel- und
Verwandlungsbilderbücher in Vergangenheit und Gegenwart. Dieser verheißungsvolle
Titel, den Carola Pohlmann, Leiterin der Kinderbuchabteilung der
Staatsbibliothek zu Berlin, ihrem Referat gab, zog am 22. Januar 2007 im
Bezirksmuseum Charlottenburg weniger brave Kinder als vielmehr zahlreiche
Mitglieder des Berliner Bibliophilen Abend in seinen Bann. Zwar war allgemein
bekannt, daß die Stabi in den letzten 60 Jahren eine der größten und
bedeutendsten Kinderbuchsammlungen Deutschlands zusammengetragen hat, aber der
diesmal gezeigte Schatz, den Carola Pohlmann aus den zirka 150 vorhandenen alten
Spiel- und Verwandlungsbüchern ausgewählt hatte, überraschte doch durch seine
Vielfalt und Schönheit. Zur Vielfalt gehören Bücher mit Darstellungen, die durch
seitliche Schieber bewegt werden können, mit dreidimensionalen Bildern, die sich
beim Umblättern entfalten, mit Drehscheiben hinter ausgeschnittenen Fenstern,
mit Jalousien, die sich überraschend öffnen und geheimnisvoll Verborgenes
freigeben, mit papiernen Figuren, die sich be- und entkleiden, teilweise sogar
bis ins Körperinnere entblättern lassen. Kurzum, es öffnete sich eine ganze
Zauberwelt, die einst für Kinder geschaffen worden war. Die Referentin führte
vor und erläuterte mit umfassender Kenntnis und Liebe zur Sache auch
gesellschaftliche Begleitumstände und pädagogische Bestrebungen, die die
Entstehung dieser Kunstwerke beeinflußt haben. So stellte sie zum Beispiel die
Vita von Lothar Meggendorfer (1825-1910) vor, der 67 verschiedene Bilderbücher
schuf, darunter viele Bewegungsbilderbücher. Meggendorfer war eigentlich
Karikaturist, der für die Fliegenden Blätter arbeitete. Gelegentliche
finanzielle Notlagen blieben bei sechs Kindern nicht aus. Um ihnen eine
preiswerte Weihnachtsfreude zu machen, bastelte er 1878 ein Ziehbilderbuch
Lebende Bilder, das bei den Beschenkten solche Begeisterung auslöste, daß er es
versuchsweise auch bei einem Verlag vorstellte. Damit begann seine Karriere auf
diesem Gebiet, die durch seinen Witz und Erfindungsreichtum und nicht zuletzt
durch die billige Mitarbeit der gesamten Familie in der Produktion der
Kunstwerke begünstigt wurde. Um 1900 erreichten Meggendorfers Bücher teilweise
fünfstellige Gesamtauflagen. Trotzdem sind sie heute gesuchte Raritäten, denn
viele wurden „kaputtgespielt“. Mit Recht ist die Stabi daher stolz auf eine fast
vollständige Sammlung unbeschädigter Meggendorfer-Werke. Nach dem Vortrag
konnten die Hörer mitgebrachte Beispiele (ganz vorsichtig!) anfassen und in
Bewegung setzen. Als Ergänzung zeigten Detlef Porth und Uwe Domke zum Thema
passende Kinderbücher aus ihren privaten Sammlungen, beispielsweise ein reich
verziertes dickes Buch, aus dem Fadenenden ragen. Zieht man daran, sind diverse
Tierstimmen zu hören. So erfindungsreich war man vor hundert Jahren! Bernd
Illigner Von Perlin nach Berlin – so lautet der Titel der Autobiographie von
Heinrich Seidel (geb.1842 in Perlin/Mecklenburg, gest. 1906 in Berlin), und so
hatte auch Dipl.-Ing. Thomas Gries, der dieses Werk neu herausgegeben hat,
seinen Vortrag genannt, den er am 19. Februar im Bezirksmuseum Charlottenburg
vor Mitgliedern und Gästen des Berliner Bibliophilen Abends hielt. Heinrich
Seidel ist bekannt geworden durch die von ihm geschaffene Romanfigur Leberecht
Hühnchen, deren fiktives Leben er in mehreren aufeinander aufbauenden Romanen
beschrieben hat. Hühnchen ist Ingenieur in eher bescheidenen
Lebensverhältnissen, dabei aber Optimist und Lebenskünstler mit Freude an den
kleinen Dingen. Er ist ein Abbild seines Schöpfers, der selbst Ingenieur war und
1872 bis 1880 an zahlreichen Stahlbauten (Hallen, Brücken) der Eisenbahn in
Berlin mitarbeitete. 1880 gab Seidel den erlernten Beruf auf und widmete sich
ganz der Schriftstellerei. Neben den genannten Romanen schrieb er zahlreiche
Erzählungen und Gedichte – „Gelegenheitsdichtung“ vielfach, die ihm aber große
Popularität und auch die Anerkennung seiner Schriftstellerkollegen einbrachte.
Seine Werke wurden zunächst vom Verlag Liebeskind, später von Cotta in schön
gestalteten kleinen Bändchen herausgegeben, die von Bibliophilen geschätzt und
gesammelt werden. Sein literarischer Ruhm ist dagegen etwas verblaßt und wird
heute von dem seiner Schwiegertochter Ina Seidel übertroffen. Der Referent
schilderte anschaulich das Leben Heinrich Seidels und illustrierte seinen
Vortrag mit seltenen Bilddokumenten. In der anschließenden Diskussion ging es um
die Schwierigkeiten, die einem Außenseiter bei der Herausgabe eines Buches
begegnen können. Bernd Illigner Der „Berliner Büchertisch“ – ein soziales
Antiquariat. Die Mitglieder des Berliner Bibliophilen Abends versammelten sich
am 12. März ungewohnterweise in einem Kreuzberger Hinterhof (Mehringdamm 51), um
in den frisch renovierten Räumen des „Berliner Büchertischs“ von der Initiatorin
Ana Lichtwer einen Vortrag über die außergewöhnliche Geschichte dieses
Antiquariats zu hören. Jeder Bibliophile meint die Grunderfordernisse für das
erfolgreiche Betreiben eines Antiquariats zu kennen: 1. Gründliche
Marktkenntnisse, 2. niedrige Ankaufspreise, 3. gut betuchte, buchverliebte
Kundschaft. Nichts davon traf zu, als Ana Lichtwer vor drei Jahren das Projekt
Büchertisch startete. Vielmehr ging sie von folgenden Überlegungen aus:1. Es
gibt viele tüchtige Menschen, die gern arbeiten möchten, aber keine Arbeit
finden, die sie ernährt. 2. Durch Todesfälle oder notwendige
Wohnungsverkleinerungen entsteht ein Überhang an Büchern, die für einen Verkauf
an ein Antiquariat nicht wertvoll genug sind, deren Vernichtung andererseits den
Besitzern emotional widerstrebt. 3.Viele Menschen können sich den Kauf neuer
Bücher in einer Buchhandlung nicht leisten, sie verlernen das Lesen oder
erlernen es nicht richtig. Hieraus zog Ana Lichtwer nun folgende verblüffende
Konsequenzen: Sie gründete mit Gleichgesinnten einen Verein, der Bücher nur
geschenkt annimmt und größtenteils weiterverschenkt. Die Betriebskosten (zum
Beispiel für Lagerräume, Transporte, Löhne) werden dadurch erwirtschaftet, daß
von den hereinflutenden Büchern diejenigen mit Marktwert abgeschöpft und
hauptsächlich per Internet verkauft werden. Jedem wirtschaftlich denkenden
Antiquar stehen angesichts der Risiken dieses Konzepts die Haare zu Berge. Aber
beim „Büchertisch“ denkt man anders. Das soziale Engagement für Arbeitslose und
für bildungsferne Schichten steht im Vordergrund. Und das Konzept hat sich
bewährt! Trotz eines Rückschlags durch einen unverschuldeten Brand sind heute in
drei Filialen zirka 20 Menschen beschäftigt, und das alles trägt sich ohne Hilfe
vom Staat oder von großen Sponsoren! Wichtig für Bibliophile: Obwohl also der
Betrieb des Antiquariats ausschließlich mit geschenkten Büchern und von Laien
abgewickelt wird, braucht es sich hinsichtlich des Angebots (über 16 000 Bücher)
und der Preiswürdigkeit nicht vor der professionellen Konkurrenz zu verstecken.
Das erkennt man auch am Internet-Auftritt Bernd Illigner Es tanzt der Tod auch
im Exlibris. Vom 16. März bis 21. April 2007 wurde im Literaturhaus Magdeburg
eine Ausstellung zu diesem Thema veranstaltet. Der Besucherandrang zur
Vernissage war erfreulich groß. Auch etliche Mediziner hatten den Weg in die
Magdeburger Thiemstraße gefunden - wohl ein Zeichen dafür, daß dieser Berufstand
naturgemäß eine enge Beziehung zu Leben und Tod hat. Dem Verein der Bibliophilen
und Graphikfreunde Magdeburg und Sachsen-Anhalt e. V. „Willibald Pirckheimer“
war es gelungen, den Graphik- und Exlibrissammler Dr. Andreas Dehne zur
Präsentation eines Teils seiner umfangreichen Sammlung zu bewegen. Der Leihgeber
stellte nicht nur über 150 Exlibris zur Verfügung. Er sprach in der
Eröffnungsveranstaltung auch sehr interessant über seine Sammelleidenschaft,
über die Kulturhistorie der Totentanzdarstellungen und über das Exlibrissammeln
in der DDR. Letzteres kam aus berufenem Mund, denn Andreas Dehne, der jetzt im
Sauerland lebt, war lange Jahre als Facharzt für Chirurgie in Dresden ansässig.
In seinem Beitrag für das Faltblatt zur Ausstellung schreibt er: „Betrachtet man
den Lebenszyklus zwischen Werden und Vergehen, so sind Liebe und Tod, Eros und
Thanatos wichtige Eckpunkte. Im Exlibris findet man diesem Sinnbild verpflichtet
die Kombination vom Mädchen als Sinnbild der Liebe und Fruchtbarkeit mit dem Tod
als Endlichkeitssymbol immer wieder. Im Exlibris haben Standes- und
Berufssymbole einen Platz im Dialog mit dem Tod gefunden, das Exlibris wird so
zu einer minimalisierten Sonderform der Totentanzdarstellungen im Allgemeinen.“
Die Exlibrisausstellung wurde ergänzt durch Graphiken und bibliophile Bücher,
unter anderem von Christine Perthen und Manfred Butzmann. Auch der
Totentanzzyklus, der, von Karl-Georg Hirsch gestaltet, beim Leipziger
Bibliophilen-Abend erschienen ist, wurde gezeigt. Ebenso lag die
Faksimile-Edition Dyaloghus Vite et Mortis (um 1480) des Magdeburger Druckers
Bartholomäus Ghotan aus (s. dazu Gerald Gödeke in Marginalien, Heft 184, 2006).
Für Interessenten sind Faltblatt und die Ghotan-Edition über folgende Adresse zu
erhalten: Richard Brauer, Gabelsbergerstraße 24, 39122 Magdeburg, Tel. 0391-401
8024, E-Mail: richardbrauer@myskoda.de. Die Ausstellung wird bis zum 21. April
2007 gezeigt. Peter Labuhn Zwei wertvolle Bücher aus der Bibliotheca Afrana
gefunden. In der Fachbibliothek Geschichte der Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel wurden zwei in den 1960er Jahren rechtmäßig von Berliner Antiquaren
gekaufte Bände gefunden, die einen kleinen Stempel mit der Umschrift „Bibliotheca
Afrana“ tragen. Dabei handelt es sich um die Bibliothek der 1543 gegründeten
Fürstenschule Sankt Afra, die bis 1945 zu den bedeutendsten Schulbibliotheken
Deutschlands gehörte. Von den 24 000 Bänden waren nach Kriegsende noch etwa 13
000 erhalten. Die Bibliothek wurde von der Roten Armee und den deutschen
Behörden liquidiert, ihre Bestände in alle Winde zerstreut. Aus der ehrwürdigen
Schule wurde eine Fachschule der Landwirtschaftlichen
Produktionsgenossenschaften. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands erfolgte
2001 die Neugründung der Schule als „Landesgymnasium St. Afra zu Meißen“. Eine
neue Bibliothek wurde ins Leben gerufen, deren Bestand gänzlich neu aufgebaut
werden muß. Mit Spenden und detektivischer Suche nach noch vorhandenen Büchern
versucht die Bibliothek, an alte Traditionen anzuknüpfen. Bei den beiden in Kiel
gefundenen Büchern handelt es sich um das Werk des Luther-Schülers und späteren
Luther-Kritikers Mattias Flacius Illyricus Decimatertia Centuria Ecclesiasticae
Historiae (1574) und um das Werk des bedeutenden Jenenser Bibliothekars und
Bibliographen Burkhard Gotthelf Struve Einleitung zur Teutschen Reichshistorie
vom Ursprung der Teutschen biss auf gegenwärtige Zeit verabfasset (1739). Die
„gestrandeten“ Bücher wurden dankenswerterweise restituiert und befinden sich
wieder in Meißen. Diese Rückführung sollte ein Ansporn für alle sein, die Bücher
in ihrer Bibliothek mit dem kleinen Stempel „Bibliotheca Afrana“ besitzen, diese
der Meißener Bibliothek zurückzugeben. Zur Geschichte der Bibliothek wurde 1992
eine Diplomarbeit verteidigt: Beate Brück, Die Geschichte der Bibliothek der
Fürsten- und Landesschule St. Afra zu Meißen von ihren Anfängen bis zu ihrer
Auflösung im Jahre 1948. Leipzig: Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur,
1992. 80 Bl. Wer sich ein Bild vom Ausmaß einer historisch gewachsenen
Schulbibliothek machen will, der sollte die „Schwesterschule“ Schulpforta
besuchen. Dieter Schmidmaier Immortellen nennt Wolfgang Windhausen seinen
jüngsten bibliophilen Gedichtband – eine Metapher für „schöne, heitere
Erinnerungen“ an Kindheit und glückliche Tage. Im Begleitwort zum Buch, das der
Pastor aus Windhausens Heimatort Duderstadt, Dr. Karl Wurm, geschrieben hat,
wird der Autor zitiert: „Ich kenne keine bessere Welt“, was natürlich nicht
heißt, daß sie gut ist, wie sie ist. So zeigt die Einbandgraphik von H. D.
Golzenleuchter einen Kollateralschaden. Beeindruckend ist die Fülle der
Originalgraphik, die Windhausen, wie bei seinen früheren bibliophilen Drucken,
zusammengebracht hat. Der Pappband ist in einer Auflage von 25 Exemplaren
erschienen und enthält von Harald Metzkes einen handkolorierten Holzschnitt, von
Hans Vent eine Radierung, von Harald Hauswald ein Originalfoto (das berühmte mit
Gestalten in der U-Bahn), von H. D. Golzenleuchter zusätzlich zum Umschlag eine
Radierung, von Alfred Pohl einen Holzschnitt, von Volkmar Schulz-Rumpold eine
handkolorierte Radierung, von dem aus Gera stammenden Kay Voigtmann eine
Originalzeichnung/Collage, von Louvada Yang, einer in Zürich lebende Künstlerin
aus Laos, die in den USA Kunst studierte, einen zweifarbigen Holzschnitt und von
dem Lyriker Guntram Vesper, der seine eigenen Bücher seit langem mit Zeichnungen
auf dem Umschlag und manchmal auch im Text versieht, eine handkolorierte
Radierung zu einem Gedicht des Bandes – die erste Radierung seines
Künstlerlebens. Weil die beiden über das Ergebnis so glücklich waren, haben sie
gleich noch einen in einem blauen Kartonumschlag liegenden Einblattdruck (27 mal
38 cm) hergestellt: wiederum eine handkolorierte Originalradierung von Vesper zu
einem Gedicht von Windhausen. Das Blatt zeigt die Kirche in Frohburg/Sachsen,
dem in die Literatur eingegangenen Heimatort von Vesper. Die Radierung druckte
Dieter Béla, den Text in Handsatz Hendrik Liersch. Das Buch kostet 250 Euro, der
Einblattdruck (Auflage 20 Exemplare) 52 Euro. Beide können bezogen werden über
die Büchergilde Gutenberg, Artclub Edition, PF 160265. 60064 Frankfurt am Main,
E-Mail buechergilde.graetz@gmx.de.