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Jörg-Heiko Bruns - Der Inhalt
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Atelierbesuch in Bernburg an der
Saale
Ulrich Tarlatt: Maler,
Grafiker, Bildhauer und Büchermacher
Vor 15 Jahren stellte der Bernburger
Künstler Ulrich Tarlatt seine Werke im Magdeburger Landtag aus.
Das Ergebnis war ein handfester Eklat. Zwei Arbeiten, „Geiler
deutscher Adler“ mit erigiertem Glied und „Lüstling“, ebenso
deutlich ausgestattet, waren plötzlich verschwunden. Es hieß,
der Künstler habe die Grenzen von Sitte, Anstand und Moral in
den Augen einiger Abgeordneter überschritten und ihre
Empfindungen schamlos verletzt. Nur der Druck der eben gerade
gewonnenen Pressefreiheit und Freiheit der Kunst, machten den
zensorischen Akt des Landtagspräsidenten rückgängig. Volksstimme
wollte in Erfahrung bringen, was den Künstler im Jahre 2006 so
um- und antreibt. Ulrich Tarlatt lebt abgeschieden in seinem holzgetäfelten
Gehäuse mit künstlerisch bestücktem Garten am Rande von
Bernburg. Die Saale fließt am anderen Ende der Stadt. Und doch:
Der Künstler lebt mitten in der großen Welt, denn er holt sie
sich kontinuierlich nach Bernburg. Tarlatt gibt nämlich seit
1989, zunächst gemeinsam mit dem Schriftsteller Jörg Kowalski,
in der Edition Augenweide einen Almanach heraus, der als
Jahrbuch aktuelle bildende Kunst und Literatur vereint. Damals
noch als provokative Hinterfragung des DDR-Wortpaares „Weite und
Vielfalt“ für Kunst und nun immer noch ein jährliches originales
Künstlerbuch in einer Auflage von 75 Exemplaren. Ulrike
Erber-Bader vom renommierten Deutschen Literaturarchiv zu
Marbach bezeichnete diesen Almanach jüngst als „den wichtigsten
gegenwärtigen Künstleralmanach im deutschsprachigen Raum“. So
hohes Lob aus berufenstem Munde treibt natürlich an und bringt
die Welt ins Haus, nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum,
versteht sich. Aus fast allen westeuropäischen Ländern, aber
auch aus Russland, der Ukraine, der Tschechei, Ungarn, Indien,
den USA und Kanada kommen Beiträge für das Künstlerbuch COMMON
SENSE, das vieldeutig übersetzbar ist und in diesem Fall für
„gesunder Menschenverstand“ steht. Die Vielheit der
individuellen Beiträge verschmilzt zu einer ästhetischen
Einheit, die beim Durchblättern den Kenner schaudern macht, eine
Erregung schafft, die unaufhörlich Glückshormone produziert.
Namen aus der internationalen Szene wie Per Kirkeby, Jürgen
Brodwolf, Felix Droese, Bogomir Ecker, Walter Dahn, Bernd
Zimmer, Walter Stöhrer, Gustav Kluge, Klaus Staeck,
Carlfriedrich Claus, Claus Weidensdorfer stehen für
künstlerische Qualität und auch Künstler aus dem
Sachsen-Anhaltinischen wie Anette Groschopp, Jens Elgner,
Hans-Hermann Richter, Olaf Wegewitz, Moritz Götze und natürlich
Ulrich Tarlatt selbst stehen ihnen in keiner Weise nach. Unter
den Literaten, die eigens für diesen Almanach neue Texte
schufen, finden sich die vier Büchner-Preisträger Friederike
Mayröcker, Sarah Kirsch, Durs Grünbein und Oskar Pastior, weiter
Franz Mon, Gerhard Rühm, Peter Härtling. Auch hier machen aus
Sachsen-Anhalt Andre Schinkel, Wilhelm Bartsch, Holger Benkel
u.a. beste Figur. Über 400 lebendige Künstlerkontakte in alle
Welt ist das Resümee von 18 Jahren.
Über viele Jahre brachte Ulrich Tarlatt parallel zum Almanach
auch eigene und andere Künstlerbücher in der Edition Augenweide
heraus, über zwanzig sind es, heute konzentriert er sich
vollkommen auf seinen Almanach. Jetzt, in Kürze, legt der
Büchermacher Kettensäge und Pinsel beiseite, um den neuen Band
2006 fertig zu stellen. Dann geht es bis zum Dezember nur um
COMMON SENSE.
Was aber, das war ja auch die Frage, treibt den Künstler, den
als Autodidakten seine Hallenser Kollegen in DDR-Zeiten um
Himmelswillen nicht im Verband haben wollten?
Natürlich macht er Ausstellungen, was die Arbeit aber eher
belastet. Und er hatte Stipendien in Frankreich, Italien, den
USA und auch in Wittenberg und im Künstler-Schloss Wiepersdorf.
Aber wirklich gern ist er dann auch wieder in Bernburg, wo er
seit zwei Jahren bildhauerisch und malerisch zum Thema Hain
arbeitet. „HAIN ist der Bereich der Besinnung, des Schauens nach
Innen aber auch in Vergangenheit und Zukunft“, lässt der
Künstler wissen. Ihm geht es hierbei nicht mehr um das einzelne
Werk, sondern um eine Installation oder gar ein Gesamtkunstwerk
aus vielen Dingen, zu denen natürlich seine Plastiken aus
verschiedensten Materialien wie Bronze, Keramik oder Holz und
Malereien, zuweilen nur mit der Andeutung von geheimnisvollen
Wesen gehören. Aber auch der Ort, an dem sie zu erleben sind,
gehört zum Werk. Haine waren und sind heilige auch
geheimnisvolle Orte, z.B. eingefriedet von Bäumen. Tarlatts Haus
ist angefüllt mit Kunst aus anderen Kulturen, vor allem aus
Afrika. Nicht selten benutzt er diese Kunst „der
Spurensicherung“ für seine Werke, integriert sie in seinen Hain
der Verinnerlichung. Auch gefundene Steine und andere Artefakte
benutzt er für seine Inszenierungen. Menschliche Wesen, Tiere
und Mischwesen kennzeichnen die Haine. Das, was zunächst ein
einzelnes Sammlerstück schien, wirkt in der Installation
intensiver. Jeder Hain den Tarlatt errichtet, ist anders, aber
im Sinne der alten Haine etwas Verehrungswürdiges. Mit seinen
aktuellen Arbeiten will Ulrich Tarlatt, offensichtlich etwas
sanfter als vor 15 Jahren, unsere Empfindungen und Phantasien
auf neue Weise anregen, uns vielleicht sogar für eine neue
Spiritualität mittels Kunst gewinnen.
Tarlatt zählt nicht nur zu den eigenwilligsten Künstlern in
unserer Landschaft, sondern auch zu den produktivsten und
vielseitigsten, die mehr machen, als darüber zu reden.
Arbeiten befinden sich in
privaten + öffentlichen Sammlungen, u.a.
Deutsche Bibliothek Frankfurt
am Main
Museum für Buch und Schriftkunst, Leipzig
Sächsische Landesbibliothek, Dresden
Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
Schiller-Nationalmuseum u. Deutsches Literaturarchiv, Marbach
Bayrische Staatsbibliothek, München
Bibliothèque National, Paris
Musée National d'Art Moderne Centre Pompidou, Paris
Ruth and Marvin Sackner Archive of Concrete & Visual Poetry,
Miami
Beach
Stadtbibliothek Gera
Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen
Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel
Getty Museum, Malibu
Kloster Unser Lieben Frauen, Magdeburg
Anhaltische Landesbücherei, Dessau
Anhaltische Gemäldegalerie, Dessau Victoria and Albert Museum, London
National Art Library, London
Universitäts- und Landesbibliothek, Halle
Meermano-Westreenianum Rijkmuseum, Den Haag
Public Library New York
Médiathèque/Ecole des Beaux-Arts de la Ville de Paris
Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
Museum of Contemporary Art, Sao Paulo
Dresdner Bank, Frankfurt
Nürnberger Hypotheken Bank
Deutscher Herold, Zürich
Museum der Bildenden Künste Leipzig
Galerie Junge Kunst, Frankfurt/Oder
Kupferstichkabinett, Dresden
Kunsthalle Rostock
Brandenburgische Kunstsammlungen, Cottbus
Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover
Museum of Modern Art, New York
Klingspor-Museum, Offenbach
Museum Schloß Burgk
Staatliche Galerie Moritzburg, Halle
The Library of the Metropolitan Museum of Art, New York
Thomas J. Watson Library, New York
forum book art Archiv, Hamburg
Kupferstichkabinett der Kunsthalle Hamburg