Bernd Friedrich - Ausgewählte Graphiken aus fünf Jahrzehnten

Vernissage am 17. September 2021 - Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Es ist nicht die erste Vernissage und ist doch eine Premiere, zeigt der in der Altmark zwischen Wiesen, Feldern und einem kleinen Fluss geborene Künstler diesmal ausschließlich ausgewählte Grafiken seines zeichnerischen Werks der letzten fünf Jahrzehnte. Gewiss, sein künstlerisches Œuvre ist vielfältiger - Lithografien, Malerei, druckgrafische Experimente, Mail-Artdrucke mit historischen Lettern und alten Klischees, der Buchdruck – um nur einiges zu nennen. Die Liebe zur Zeichnung aber ist Bernd Friedrich all die Jahre hindurch geblieben, hat sein künstlerisches Schaffen befruchtet. Eine stille, vielleicht eine verschwiegene Liebe. „Mein Zeichnen hat nichts weiter zu bedeuten“, sagt er, „es bewirkt nichts, es ändert nichts an dem was ist und was passiert, einzig ich ändere mich.“ Man mag diesen Satz hin und her deuten; seine Kernaussage kennzeichnet dem, der sehen kann, die vorliegenden Zeichnungen gleichsam als Künstlerbiographie.

Die Ausstellung eröffnet ein mit Buchdruckfarbe gezeichnetes Bild - „In der Rigaer Straße“. Vor fünfzig Jahren stand in dieser Berliner Straße ein Zeichentisch, von hier brach er mit Bleistift, Feder und Tusche auf, in die havelländische Landschaft, den Brieselang, oder durch den einst stacheldrahtgeschnürten halben Harz, über die Kammhöhen des Rila Gebirges, durch die Dracula-Schlucht des Fagaras oder von Ring zu Ring sich mühend durch die Schroffen des Sächsischen Schweiz. Landschaften, Wald, Fels und freies Feld wurden ihm vertraut, wenn er sie durchschritt, ehe Pinsel oder Stift sie erkannte. Anders gesagt: wurden als frühkindliche Prägung wiederentdeckt. Manches blieb am Wegrand liegen oder als Skizze vermerkt. Diese Skizzenbücher sind Tagebücher, Jahr um Jahr als Momentaufnahmen gezeichnet, liefern eine geronnene Biographie, darüber hinaus die Sicht des Künstlers auf das, was ist und das, was passiert. Da ist die Gewalt der Felsen spürbar, ihre Erhabenheit und stete Verwitterung, aus der über geologische Zeiträume hinweg sich immer andere staunenswerte Strukturen formen. Solche „Wunder des Verfalls“ zeigen ebenso die friedlichen Landschaftszeichnungen. Baum bricht zu Geäst. Geäst verdorrt. Aus der Verwesung entsteht neues Leben. Werden und Vergehen, Vergehen und Werden – ein ewiges Spiel der Natur- inzwischen vom Menschen bedroht. Das auch machen manche dieser Blätter deutlich.

Den Abschluss der Ausstellung sind, wiederum in unterschiedlicher Zeichenweise, einem dritten großen Thema gewidmet: Menschen. Porträts sehen uns an, Menschen die musizieren oder als Gruppe agieren, die Lesende oder die Schlafende, Akte. Ausdrucksstarke Momentaufnahmen, mit Kohle, Kreide oder dem Pinsel scheinbar flüchtig hingeworfen und doch Körperhaltungen und Spannungsgeflechte genau treffend. Wie diese Arbeiten entstanden, ist in den vorliegenden Skizzenbüchern zu erfahren, so man in ihnen blättert.

Der Mensch, die weite Landschaft, schrundige Felsformation – Themen, die Bernd Friedrich fünf Jahrzehnte hindurch in all seinen Arbeiten immer wieder angeregt haben und ihn als einen ebenso einfühlsamen wie genau beobachtenden Künstler ausweisen.

(Rainer-K. Langner)

 
   

 

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